Sozialtherapie

Die Idee der Lebenspraxis für Menschen mit Hilfebedarf

Was steckt eigentlich hinter der Idee einer sozialtherapeutischen Gemeinschaft? – Die Idee der Lebenspraxis. Eine Wissenschaft, die man nicht in einer Schule oder Universität erlernen kann, sondern nur durch das Leben selbst. Und wo soll das besser funktionieren, als in einer Gemeinschaft? Wo man zusammen lebt, arbeitet, feiert, sich künstlerisch betätigt und eine gemeinsame Aufgabe hat? Ständig macht man etwas, es entstehen Beziehungen – zu anderen Menschen, zu Tieren, zu Pflanzen. Jede Aktion erzeugt eine Reaktion, die betrachtet, reflektiert, kommuniziert, beurteilt und korrigiert wird – von einem selbst und den anderen. Und darüber entsteht ein Austausch, eine gemeinsame Lebenspraxis.
Dazu gehört auch, dass man sich verabredet und dem Zusammenleben eine Form gibt. Wir haben für unsere Gemeinschaft ein Leitbild erarbeitet, das beschreibt, was uns wichtig ist. Natürlich müssen auch Leitbilder immer wieder überdacht werden, weil das Leben sich ständig verändert. Rudolf Steiner sagte, ‚dass jede Sozialstruktur nach einer gewissen Zeit überholt ist, dann muss etwas Neues kommen‘. Veränderungen sind also wichtig! Für Stütensen war und ist immer die oberste Maxime, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Der einzelne Mensch, nicht die Gemeinschaft. Der Einzelne und die Einzigartigkeit seiner Individualität, die Einzigartigkeit seiner Persönlichkeit.
Die höchste Kunst in der Lebenspraxis ist es, den eigenen Weg zu finden: Wo will ich hin, was möchte ich auf der Erde bewirken? Diesen Weg zu begleiten, ist ständiger Auftrag eines jeden Betreuers, Freundes, der Eltern und eben des Sozialtherapeuten. Dass der Einzelne seinen Intentionen und seinen Wünschen selbstbestimmt folgen kann, egal, ob kleine oder große Ideen. Dieses Wechselspiel zwischen der Gemeinschaft und des einzelnen Menschen Person ist im Grunde der spannende Vorgang, den die Lebenspraxis ausmacht.

Der Rahmen der sozialtherapeutischen Arbeit

Der sozialtherapeutische Rahmen unserer Einrichtung wird hauptsächlich aus der Komplexität der Arbeitsfelder in einem geschlossenen landwirtschaftlichen Betrieb und der Gestaltung des Gemeinschaftslebens gegeben. Es ist eine wesentliche Aufgabe, Arbeitsmöglichkeiten für alle zu entwickeln. Menschen mit Behinderung sind oft nicht in der Lage, zusammenhängende Handlungsabläufe zu überschauen und zu vollziehen. Es spielt daher eine große Rolle, dass ein von ihnen anerkannter und geschätzter Mensch diesen Schritt mitbedenkt und gestaltet. An einem solchen Arbeitsplatz lernt jeder in der Gruppe mitarbeitender Mensch seinen Teil erfüllen. So wird Arbeit für ihn zugleich zum sozialen Ereignis.
Für den zu betreuenden Menschen ist ein entscheidender Schritt, Erwachsen zu werden. Das bedeutet vom Elternhaus wegzugehen und einen neuen Lebensbereich und eine berufliche Aufgabe zu erhalten. Dieser Schritt ist nur schwer zu vollziehen, da die Vorbilder und Möglichkeiten zur weiteren Lebensführung fehlen. In unserem sozialtherapeutischen Zusammenhang hat sich daher die Form der Lebensgemeinschaft herausgebildet, in der alle Bewohner, Mitbewohner so wie Mitarbeiter und Kinder, einen heilenden und inspirierenden Einfluss aufeinander ausüben und sich zu gegenseitiger Entwicklung verhelfen.